Vom Hinkelsche uff's Gickelsche

von Ronald Bach

Informationen rund um das Buch

Am 17. Oktober 2014 durfte ich im voll besetzten Museumscafé des alten Hospitals in Nidderau-Windecken mein erstes Buch mit dem Titel  „Vom Hinkelsche uff’s Gickelsche“ präsentieren.

Nach der Begrüßung durch Klaus Koob, dem 1. Vorsitzenden der gastgebenden Windecker Heimatfreunde, wies der Verleger Joachim Schulmerich vom Hanauer CoCon-Verlag auf weitere Aktivitäten des Verlags mit Nidderauer Autoren hin, ein Beleg dafür, dass in der Nidderstadt Kreativität auch in schriftlicher Form groß geschrieben wird. Einer dieser Autoren kam danach zu Wort, nämlich der Historiker Erhard Bus, welcher sich unter anderem auch als Gastautor im „Hinkelsche“ in einem Essay mit den historisch gewachsenen Dialektunterschieden der Nidderauer Stadtteile und benachbarter Orte beschäftigt.

Einen vielbeachteten Redebeitrag lieferte dann der ehemalige und langjährige Bürgermeister  der Nidderauer Nachbargemeinde Schöneck und Kilianstädter „Urgestein“ Erwin Schmidt als mein Laudator. Er selbst und seine Familie seien ebenfalls von der Wandlung des Kilianstädter Ur-Dialekts betroffen. Sprachen seine Großeltern noch ausschließlich diese Mundart, so sei er in seiner Familie mittlerweile der einzige, der den alten Dialekt noch versteht. Wie auch ich als Autor bedauert er die Tatsache, dass mit dem Dialekt auch ein Kulturgut verschwindet. Es sei „das allererste Verdienst des Buches von Ronald Bach, dass der Dialekt vor seinem Verschwinden festgehalten wird.“

Aber auch die Art und Weise, so führte er aus, wie ich meine sprachtheoretischen Erkenntnisse verpackt habe, hätten ihn beeindruckt: „Es ist keine trockene Abhandlung, keine blutleere Erklärung des Dialekts im Raum Nidderau und seiner Veränderungen. Es ist gezielt durchsetzt mit köstlichen Geschichten. Als wenn er sie gestern bei einer Unterhaltung von älteren Einwohnern aus Windecken, Heldenbergen oder sonst wo abgelauscht hätte.“

Die Geschichten erhalten eine noch größere Attraktivität durch die trefflichen Illustrationen des Hanauer Zeichners Michael Rautenberg alias „Rautie“ (www.rautie.de). Durch diese kurzweilige Darstellung gewinnt das Buch auch für Leser weit über das Rhein-Main-Gebiet und rund um die Wetterau hinaus an Interesse.


 

Alles ändert sich - auch der Dialekt. Diese Feststellung zieht sich wie ein roter Faden durch das im Hanauer CoCon-Verlag (www.cocon-verlag.de) erschienene Buch, in dem ich die Wandlungen der Mundart einer hessischen Region untersuche. Wurde noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts in jedem Ort im Hanauer Raum ein unverwechselbarer, nur diesem einen Ort eigener Dialekt gesprochen, werden heute die „Ur-Dialekte“ von einem „Rhein-Main-Einheitsdialekt“ abgelöst. Die sprachlichen Besonderheiten sind im Schwinden begriffen.

Damit diese für einen Ort charakteristische Sprache nicht völlig verloren geht, habe ich kleine Geschichten im Windecker Ur-Dialekt in meinem Buch veröffentlicht. Um auch dem Ortsfremden einen Zugang zu der für ihn vielleicht nur schwer verständlichen Sprache zu erschließen, wurde bei einigen Geschichten der Windecker Fassung die hochdeutsche „Übersetzung“ gegenübergestellt. Die meisten Geschichten werden jedoch in der heute gesprochenen Sprache, dem Rhein-Main-Dialekt erzählt.

Neben heiteren Geschichten geht es mir um die Verarbeitung von Themen wie Boshaftigkeit und Toleranz („De Krätscher unn de Knodderer“), differenzierte Betrachtungsweisen und Kompromissbereitschaft („De Fluuch vom Fluuchplatz“, „E Tomat su gruuß wäi en Fußball“, „De Schursch, de Schàà unn de Eyercharly“) und Integration („De Cem, de Luigi unn ess Kallsche“). Auch auf die junge Generation wird der Fokus gerichtet, wenn es zum Beispiel um den technischen Fortschritt („Schnie oder Kombjuder“) oder Kinderfantasien („Des Kallsche unn ess Viehzeusch“) geht. Die Tücken der Kommunalpolitik werden in den Erzählungen „Die Wiss àn de Bach“ und „E Tomat su gruuß wäi en Fußball“ thematisiert.

Die Geschichten habe ich selbst erfunden oder im Ort „uffgeschnappt“. Dabei kam mir als waschechtem Windecker, dessen Eltern bereits in der früheren Hanauer Residenzstadt geboren wurden, meine enge Heimatverbundenheit zu Gute. In den Vereinen, in denen ich aktiv war, oder als früherer engagierter Kommunalpolitiker habe ich den Leuten „aufs Maul“ schauen können und Anregungen für meine hoffentlich kurzweiligen Erzählungen bekommen. 

Neben den unterhaltsamen, manchmal auch nachdenklich stimmenden Geschichten war es mir ganz wichtig, der Frage nachzugehen, wie es zu den Dialektverschiebungen gekommen ist und welche Auswirkungen sie auf das gesellschaftliche Leben haben. Außerdem geht Erhard Bus in einem Essay auf mögliche historische Gründe der Besonderheiten des Windecker "Urdialekts" ein. 

Und was hat es mit dem Buchtitel „Vom Hinkelsche uff’s Gickelsche“ auf sich? Mit diesem Titel will ich nicht nur den unterhaltsamen, sprunghaften Themenwechsel meines Buches umschreiben. Die Übersetzung des Buchtitels ins Hochdeutsche würde "vom Hundertsten ins Tausendste" lauten, und genau diese Art der "Kommunikation" wird in der im Buch enthaltenen Titelgeschichte dargestellt.

Die Lesung begann ich mit den Worten: „Jetzt beginne ich in hochdeutsch und dann wird’s hart“, habe aber fast hoffnungsvoll hinzugefügt: „vielleicht ist’s für manche aber auch umgekehrt.“

Die beiden von mir vorgetragenen Geschichten „Gellehause unn driwwer enaus“ (siehe auch unter "Leseprobe" auf dieser Homepage) und „Von Ruhgerieste unn Abberaatkrobbe“, die teilweise im Windecker Ur-Dialekt geschrieben sind, sorgten zu meiner Freude für reichlich Heiterkeit unter den zahlreichen Zuhörern, die nicht nur aus Nidderau kamen.

Termine für weitere Lesungen werden rechtzeitig unter anderem auch auf dieser Homepage angekündigt. 

Ronald Bach